Rückblick auf die Herbstsession 2022

Rückblick auf die Herbstsession 2022

Diese Herbstsession im Fokus: Bezüglich Fachkräftemangels in der Branche ICT sieht der Bundesrat gemäss Stellungnahme keinen Handlungsbedarf – auf die Interpellation folgt daher nun die Anfrage, eingereicht durch transfair-Co-Präsidentin und Nationalrätin Greta Gysin. transfair freut sich, dass gleich zwei Vorstösse zu Kürzungen der Staatsausgaben erfolgreich abgewendet werden konnten. Auch begrüsst wird die definitive Ablehnung der Revision des Postorganisationsgesetzes: Die Privatisierung der PostFinance ist somit vorläufig vom Tisch. Das von Greta Gysin eingereichte Postulat zur Vertretung der vier Sprachgemeinschaften in den Konzernleitungen und bei den höheren Kadern von Swisscom, SBB und Post wurde zwar abgelehnt, transfair wird sich aber auf politischer und sozialpartnerschaftlicher Ebene weiter für die Thematik stark machen.

Olivia Stuber

ICT-Fachkräftemangel: transfair fordert Massnahmen

Ip. Gysin. Mangel an qualifizierten Arbeitskräften im IT-Sektor. Es braucht konkrete Massnahmen, um dem Talentmangel abzuhelfen  22.3590 

Der Bundesrat hat am 24. August 2022 zur von transfair eingereichten Interpellation bezüglich des Fachkräftemangels in der Branche ICT Stellung genommen. Darin schreibt der Bundesrat, dass er «keinen zusätzlichen Handlungsbedarf» sieht. Es bestünden bereits ausreichend Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in der Schweiz. transfair zeigt sich schwer enttäuscht über diese realitätsfremde Antwort des Bundesrats. Der Mangel an ICT-Fachkräften in der Schweiz ist real und nimmt zu. transfair kann das so nicht stehen lassen: Mit einer Anfrage von Greta Gysin, Co-Präsidentin von transfair und Nationalrätin, wird der Bundesrat zu einer Stellungnahme zum aktuellen Aufbau des IT-Entwicklungsstandorts der Post in Portugal aufgefordert.

Sprachliche Diversität auf Führungsebene

20.4384 Po. Bundesnahe Betriebe. Für eine angemessene Vertretung der vier Landessprachen in der Konzernleitung und bei den höheren Kadern

Das von Greta Gysin eingereichte Postulat beauftragte den Bundesrat einen mit Zahlen belegten Bericht zur Vertretung der vier Sprachgemeinschaften in den Konzernleitungen und bei den höheren Kadern von Swisscom, SBB und der Post zu erstellen. Darin sollte aufgezeigt werden, dass die französische, italienische und rätoromanische Minderheit untervertreten ist. transfair kritisiert die Stellungnahme des Bundesrats, dass mit den vorhandenen «Richtwerten die Vertretung der Landessprachen für die obersten Leitungsorgane der bundesnahen Betriebe und Anstalten konsistent und ausreichend gesteuert werden» könnten. Denn die Realität zeigt, dass die sprachlichen Minderheiten in Konzernleitungen und bei höheren Kadern untervertreten sind. transfair ist enttäuscht, dass der Nationalrat das Postulat abgelehnt hat. Die Respektierung sprachlicher Minderheiten ist ein Kernanliegen von transfair, weshalb sich der Personalverband auf politischer und sozialpartnerschaftlicher Ebene weiter dafür stark machen wird. 

Kürzung der Staatsausgaben erfolgreich abgewehrt

Sitzung FK-N 8.8.22: MM. Finanzkommission besorgt über Verdüsterung der finanzpolitischen Aussichten

In den Finanzplanjahren 2024-2026 rechnet der Bundesrat mit strukturellen Finanzierungsdefiziten (Bereinigungsbedarf) von 1,1 Milliarden, 3 Milliarden und 3,1 Milliarden Franken. Die Mehrheit der Kommission ist der Ansicht, dass ohne drastische Korrekturen, Steuererhöhungen und/oder Ausgabenverzichtsplanungen unumgänglich seien. Hinzu kommt, dass angesichts des hohen Verlustes der Schweizerischen Nationalbank im ersten Halbjahr für 2023 möglicherweise keine Ausschüttungen an Bund und Kantone möglich sein werden. Die Budgetberatung für 2023 in den eidgenössischen Räten findet in der Wintersession 2022 statt. transfair wird die Situation ernsthaft im Auge behalten und sich entschieden gegen allfällige Kürzungen beim Bundespersonal wehren. Das Bundespersonal hat unter anderem wesentlich dazu beigetragen, dass die Schweiz die Gesundheitskrise rund um Covid-19 im Vergleich mit anderen Ländern so gut überstanden hat.

In der Herbstsession 2022 waren gleich zwei Geschäfte hängig, die eine Kürzung der Staatsausgaben zum Ziel hatten. transfair freut sich, dass diese erfolgreich abgewendet werden konnten. Das erste - 20.4624. Pos. de Courten. Umfassende Überprüfung der Staatsaufgaben - beauftragte den Bundesrat, dem Parlament einen Bericht zur umfassenden Prüfung aller eidgenössischen Staatsaufgaben vorzulegen, um alle Aufgaben und Ausgaben des Bundes kritisch auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit zu prüfen. Das Ziel war eine Senkung der eidgenössischen Staatsquote um mind. 5 Prozent. transfair kritisierte das Postulat: Bereits seit 2020 wird gemäss Bundesgesetz zu administrativen Entlastungen eine Aufgabenüberprüfung vorgenommen und die Bundesausgaben wachsen im Gleichschritt mit der Wirtschaft. transfair freut sich daher über den Entscheid des Nationalrats, das Postulat abzulehnen.

Die 20.4625. Mo. De Courten. Reduktion der stark gebundenen Ausgaben im Bundeshaushalt. beauftragte den Bundesrat, dem Parlament die Revision der gesetzlichen Grundlagen zu unterbreiten, damit die stark gebundenen Ausgaben bis zum Voranschlag für das Jahr 2025 bei maximal 60 Prozent des Bundeshaushaltes stabilisiert würden. transfair positionierte sich klar gegen die Motion. Der Anteil stark gebundener Ausgaben kann grösstenteils durch neu gebundene Ausgaben, die vom Bundesrat und Parlament in den letzten Jahren beschlossen wurden, erklärt werden. Aufgrund weiterer Zuweisungen werden die stark gebundenen Ausgaben weiter steigen (z.B. AHV-Zusatzfinanzierung). transfair freut sich, dass die Motion vom Nationalrat abgelehnt wurde.

Die Privatisierung von PostFinance ist vorerst vom Tisch

21.048 Geschäft des Bundesrates. Postorganisationsgesetz (POG). Teilrevision

Die Revision des POG beinhaltet, dass PostFinance selbstständig Kredite und Hypothekardarlehen vergeben könnte sowie die Privatisierung von PostFinance und somit eine Trennung von der Post-Gruppe. transfair hatte sich wiederholt für eine Öffnung des Kredit- und Hypothekarmarktes für PostFinance, aber gegen eine Privatisierung ausgesprochen. Der Ständerat lehnte die Revision bereits in der Sommersession 2022 ab, nun folgt die Ablehnung durch den Nationalrat. transfair begrüsst diesen Entscheid. Es wird jedoch bereits von einer neuen Vorlage gesprochen, welche die Zukunft des Postkonzerns gesamtheitlich betrachten will. Diese soll konkrete Ausgestaltungen wie Finanzierungen der Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs beinhalten. transfair behält die Vorlage im Blick.