transfair im Gespräch mit Dani Schafer

Öffentlicher Verkehr

transfair im Gespräch mit Dani Schafer

Seit 1. September 2021 ist Dani Schafer bei der BLS im Führerstand. transfair hat sich mit ihm über die Zukunft der BLS, die strategische Personalplanung und die Sozialpartnerschaft unterhalten.

Aline Leitner
Dani Schafer steht neben Fritz Bütikofer

Der Inhalt in Kürze

  • Das Personal ist die wertvollste Ressource der BLS.
  • Das Personal darf - bei nicht erfolgreichen Projekten - nicht in erster Linie leidtragend sein.
  • Dani Schafer nimmt transfair als aktiven Sozialpartner wahr, der auf Augenhöhe kommuniziert und einen kritischen, aber äusserst konstruktiven Dialog führt.

Der Start bei der BLS

Dani, du bist seit 1. September bei der BLS im «Führerstand». Wie war dein Start?

Ich war schon vor meinem Start mit Dirk, meinem Interims-Vorgänger, in Kontakt und konnte so bereits einiges angehen. An meinem offiziellen Starttag wurde ich herzlich empfangen. Eine meiner ersten Tätigkeiten: möglichst viele Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz persönlich kennenlernen. Mir ist ein Zusammenarbeiten auf Augenhöhe wichtig – nur gemeinsam können wir die BLS auf Kurs halten.

Herausforderungen

Und auf welche Herausforderungen bist du in dieser Zeit gestossen?

Ganz klar, die BLS kennenzulernen und zu verstehen, wie das einzigartige ÖV-System der Schweiz tickt. Nur mit dem Verständnis für die BLS und für den ÖV mit seinen Spezialgesetzgebungen und Regulierungen durch die öffentliche Hand, den Bestellern und seiner Endkundschaft kann ich Herausforderungen angehen.

Welche muss denn die BLS anpacken?

Genauso komplex wie das ÖV-System ist auch die BLS. Teilweise sind es äussere Umstände, teilweise ist die Komplexität «hausgemacht». Mit dem Projekt Dreiklang schaffen wir mit durchgängigen finanziellen Führungsprozessen Transparenz und dadurch auch eine wichtige strategische Steuerungsgrösse. So können wir die BLS auf einen langfristigen Erfolgskurs bringen.

Konkret möchte ich beim Bestellwesen Arbeitsschritte vereinfachen und transparenter gestalten, damit wir effizienter werden und Offertprozesse schneller bearbeiten können. Das hilft uns auch, eine bessere Beziehung zu den Bestellkantonen zu pflegen. Weiter brauchen wir ein moderneres Ressourcenplanungs- und Dispositionssystem. Zudem möchte ich unsere Kompetenzen in den Infrastrukturprojekten stärken, damit wir Ausschreibungen professioneller und besser vorbereitet angehen können. Wir müssen besser in der Lage sein, Risiken abzuwägen, und bei der Vergabe von Aufträgen auch andere Eigenschaften wie Qualität und Erfahrung berücksichtigen.

Und welchen Herausforderungen muss sich die ganze Branche stellen?

Da ist natürlich Covid-19. Das Virus hat die Entwicklung von alternativen Arbeitsformen, wie Homeoffice, beschleunigt. Das bedeutet für uns weniger Pendlerverkehr. Das «new normal» zeigt hingegen, dass die Zahlen im Tourismus steigen werden. Noch haben wir kein Patentrezept, aber wir werden diese «Verschiebung» so anpacken, wie ich es der BLS zutraue: gemeinsam Lösungen suchen und diese umsetzen.

Und dann gibt es weitere Themen wie Infrastruktur, Werkstätten, Abstellplätze, Personalengpässe etc., die die ganze Branche betreffen.

Themenwechsel zum Fernverkehr

Erhebt die BLS bald wieder Ansprüche?

Die BLS ist eine relevante Grösse im Fernverkehr und will dies auch bleiben. Es braucht einen weniger kompetitiven Ansatz und deutlich mehr Dialog als in der Vergangenheit. Trotzdem ist Wettbewerb wichtig: Durch gegenseitige Impulse und das «Sich-herausfordern» entwickeln wir uns weiter. Zusammenspannen müssen wir beispielsweise beim Modalsplit – dem Anteil, der die Bahn am ganzen Verkehr in der Schweiz hat. Gemeinsam mit anderen Anbietern können wir es schaffen, mehr Leute auf die Bahn zu holen.

Und welche Rolle wird das Personal spielen?

In den nächsten 15 Jahren werden 60 Prozent des jetzigen BLS-Personals pensioniert. Das Know-how zu sichern und die entstehenden Personallücken zu füllen, ist eine enorme Herausforderung. Es braucht eine strategische Personalentwicklung, damit wir in keinen Engpass kommen. Das Personal ist unsere wertvollste Ressource.

Sparen beim Personal?

Apropos Personal: In der Vergangenheit – so dünkt es transfair – hat man zu oft beim Personal gespart als Antwort auf gescheiterte Projekte. Wie siehst du das?

Natürlich müssen wir unsere Dienstleistungen zu vernünftigen Kosten produzieren. Aber der Gegenhebel bei nicht erfolgreichen Projekten darf nicht in erster Linie das Personal sein. Ich kann nicht versprechen, dass es nie Kostensenkungsprogramme geben wird. Aber man muss sie schlau umsetzen und nicht einfach nur beim Personal ansetzen.

GAV BLS

Sozialpartnerschaftlich verhandeln wir mit dem GAV die Arbeitsbedingungen der BLS. Der aktuelle besteht nun schon seit Langem. Für transfair wäre der Zeitpunkt gekommen, ihn neu zu verhandeln und etwa über ein neues Lohnsystem zu sprechen. Wie stehst du dazu?

Ich finde es wichtig, dass wir attraktive Arbeitsbedingungen haben und den GAV wie angedacht umsetzen. Dabei darf aber nicht vernachlässigt werden, ihn an veränderte Bedürfnisse anzupassen. Im Dialog muss man aktuelle Themen angehen und neue Bedingungen schaffen.

Auch das Lohnsystem anzugehen, wird spannend. Jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Im Gespräch müssen wir herausfinden, welches das ideale für die BLS und ihre Mitarbeitenden ist.

Die ideale Sozialpartnerschaft

Wenn es um das Personal geht, ist immer auch transfair als Sozialpartner involviert. Wie sieht für dich eine ideale Sozialpartnerschaft aus?

Eine Sozialpartnerschaft soll geprägt sein von einem konstruktiven, aber durchaus kritischen Dialog. Es ist wichtig fürs gegenseitige Verständnis, dass man sich in die Lage des Gegenübers versetzen kann. Handlungsfelder sollen offen und sachlich angesprochen werden, um im Gespräch pragmatische Lösungen zu finden.

Wie schätzt du transfair als Sozialpartner ein?

Meine erste Begegnung mit transfair war mit eurem Branchenleiter Bruno Zeller am VöV-Kongress im September. Er kam direkt auf mich zu und wir kamen ins Gespräch. Dieser erste Eindruck bestätigt sich in der Zusammenarbeit: Ich nehme transfair als aktiven Sozialpartner wahr, der auf Augenhöhe kommuniziert und einen kritischen, aber äusserst konstruktiven Dialog führt. So stelle ich mir eine Sozialpartnerschaft vor. Ganz nach dem Motto «So wie du in den Wald rufst, kommt es auch retour».

Über Dani Schafer

Daniel Schafer wurde 1967 geboren und wuchs in Bern auf. Nach dem Gymnasium folgte ein Studium an der ETH im Ingenieurswesen. Er war lange in der Energiebranche tätig, bei Alstom und den Energiewerken Bern. Der Genussmensch mit Vorliebe für gutes Essen und Wein ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und ist oft und gerne in der Natur beim Wandern oder E-Biken in den Bergen anzutreffen. Seine Liebe zur Bahn findet sich auch in seinem Hobby: den Modelleisenbahnen.