Post lässt bis zu 100 PostNetz-Mitarbeitende im Stich
Die Post will bei PostNetz bis zu 100 bewährte Mitarbeitende kündigen. Brisant daran: Der Grund ist nicht Spardruck allein. Mehr als die Hälfte der Stellen werden nämlich neu besetzt – aber mit externen Kräften. Sprich: Die Post scheint ihre eigenen Leute als ungeeignet zu betrachten. Die Post setzt damit ihre Abbauwelle auch bei PostNetz fort. transfair kritisiert dies entschieden. Statt zu kündigen, muss die Post ihre Mitarbeitenden weiterbilden.


Die Post startete gestern ein Konsultationsverfahren zu einem fragwürdigen Stellenabbau. Das Verfahren läuft bis zum 5. September. Bei der Betreiberin der Schweizer Postfilialen, PostNetz, soll im zentralen Bereich Administration bis zu 100 erfahrenen Mitarbeitenden gekündigt werden. Das ist über ein Viertel der heutigen Belegschaft von 380 Personen. Netto fallen bis 2026 insgesamt bis zu 42 Stellen weg – ein herber Schlag für das Post-Personal. Kommt hinzu: Wer rechnet, erkennt, dass die Post offenbar nicht einfach sparen will. Vielmehr plant sie, bis zu ca. 60 neue Kräfte zu rekrutieren – und dabei die bisherigen Mitarbeitenden nicht zur berücksichtigen.
Glaubt die Post nicht an das eigene Personal?
Die Zahlen sprechen für sich: Die Post stuft ein Viertel ihrer Belegschaft als ungeeignet für die neue Strategie von PostNetz ein. «Das ist ein Armutszeugnis für die Personalentwicklung der Post», sagt Greta Gysin, Nationalrätin und Präsidentin von transfair. «Die Post hat es offenbar versäumt, ihr Personal auf diesen Wandel vorzubereiten – doch den Preis zahlen die Mitarbeitenden. Die Post verletzt ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin.»
Was ist ein Konsultationsverfahren?
Bei Massenentlassungen schreibt das Gesetz ein Konsultationsverfahren vor. Das Unternehmen muss die Personalvertretung (Personalverbände und Gewerkschaften) oder – falls keine existiert – alle Mitarbeitenden direkt anhören. Diese können Vorschläge einbringen, um Kündigungen zu verhindern, zu verringern oder abzufedern. Das Unternehmen ist zur Prüfung verpflichtet, nicht aber zur Umsetzung.
transfair fordert: Weiterbildung statt Kündigung
transfair verlangt von der Post zwei klare Massnahmen: Erstens soll sie die Zahl der Kündigungen deutlich reduzieren und ihre bewährten Mitarbeitenden behalten. Das Know-how dieser Leute ist zentral für den Erfolg von PostNetz. Zweitens muss die Post umgehend in Weiterbildung investieren: zum Beispiel in Schulungen für den Umgang mit künstlicher Intelligenz oder neuer Software. Und sie muss ausreichend Zeit gewähren für eine sorgfältige Umschulung, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.
«Die Post hat die Mittel, ihre Leute für die neue Strategie zu rüsten», sagt Diego Frieden, Stv. Leiter der Branche Post/Logistik bei transfair. «Wenn sie dafür mehr Zeit braucht, soll sie diese Reorganisation verschieben. Erfahrene Mitarbeitende einfach zu entlassen, ist kurzsichtig und schadet dem Unternehmen.»
Fragwürdige Informationsstrategie
transfair sieht aber nicht nur den Stellenabbau kritisch, sondern auch die «Informationsstrategie» der Post. Anstatt gestern die gesamte Belegschaft des Postkonzerns über die Abbaupläne ins Bild zu setzen, wurden nur die direkt Betroffenen informiert. Der Rest der Belegschaft muss die schlechten Nachrichten später oder aus den Medien erfahren. Die Post will erst nach Abschluss des Konsultationsverfahrens konzernweit kommunizieren.
Stellenabbau im Post-Konzern seit 2024
Der Stellenabbau bei PostNetz reiht sich ein in eine Serie von Abbaumassnahmen im ganzen Post-Konzern. Seit Januar 2024 hat die Post rund 440 Vollzeitstellen abgebaut und plant bis 2028 die Schliessung von 170 Filialen. Bei PostNetz sank die Anzahl Mitarbeitende von ca. 7000 im Jahr 2016 auf heute ca. 3500. Hier im Detail:
- Januar 2024: Abbau von rund 70 Stellen und circa 110 Vertragsänderungen in den Supportfunktionen (Finanzen, Personal, Informatik/Technologie, Stab CEO). Einsparung: 42 Millionen Franken.
- Mai 2024: Ankündigung der Schliessung von rund 170 Filialen bis 2028 im Rahmen der Strategie «Post von morgen».
- Mai 2024: Abbau von maximal 40 Stellen und rund 60 Vertragsänderungen in der Supportfunktion Kommunikation.
- Dezember 2024: maximal 57 Kündigungen sowie maximal 200 Vertragsänderungen bei Mobility Services/PostAuto.
- Mai 2025: PostFinance plant Abbau von bis zu 130 Stellen bis November 2025, hauptsächlich Verwaltungsfunktionen in Bern. Zusätzlich bis zu 72 arbeitsvertragliche Anpassungen.
- Mai 2025: Die Post verkündet Schliessung des Kurierdiensts notime AG per Ende September 2025. 550 Kurierfahrerinnen und Kurierfahrer im Stundenlohn sowie 39 Mitarbeitende im Monatslohn verlieren ihre Stelle (entspricht 143 Vollzeitstellen).
- Juni 2025: FutureWorks-Projekt mit Abbau von rund 50 Vollzeitstellen in der Supportfunktion IT bis 2030.
- August 2025: PostNetz plant bis zu 100 Kündigungen in den zentralen Einheiten (Netto-Abbau von bis zu 37 Vollzeitstellen)
Gesamtbilanz: Über 440 Stellen weniger plus rund 170 geplante Filial-Schliessungen.
Die aufgeführten Entwicklungen sind laut Post alle noch nicht abgeschlossen und die Zahlen Maximalwerte, die transfair bekanntgegeben wurden.