BAR-Verhandlungen abgeschlossen

Öffentlicher Verkehr

BAR-Ve­rhand­lun­gen abgeschlossen

Die Verhandlungen zu den bereichsspezifischen Arbeitszeitregelungen (BAR ) für das Kundenbegleit- Lok-, Rangier- und Reinigungspersonal der SBB-Bahnproduktion sind abgeschlossen. Die neue Einteilungsphilosophie bringt den Mitarbeitenden eine individuelle Jahreseinteilung mit klaren Eckwerten und Präferenz- und Wunschmöglichkeiten. Hinzu kommen spezifische Änderungen für die einzelnen Berufsgruppen.

Bruno Zeller
Eine SBB-Mitarbeiterin, die Billetts kontrolliert und Auskunft gibt

In Kürze

  • Neue BAR für vier Berufsgruppen: Kundenbegleitung, Lok-, Rangier- und Reinigungspersonal der SBB erhalten neue bereichsspezifische Arbeitszeitregelungen. 
  • Neue Einteilungsphilosophie: Fixe Zeitfenster an den Arbeitstagen (maximal 11 Stunden) mit provisorischem Dienstinhalt. Ausserhalb dieser Schichtlagenfenster ist Freizeit garantiert. Mitarbeitende können Präferenzen angeben. 
  • Rollierende Wocheneinteilung: Ersetzt die Monatseinteilung. Die geplanten Dienste sind den Mitarbeitenden 35 bis 41 Tage im Voraus bekannt und können einen «Flex-Anteil» haben. 
  • Endgültige Tageseinteilung: 3 bis 7 Tage im Voraus erscheint der definitive Dienst. 
  • Klare Regeln für Gesundheit und Erholung: Wichtige BAR-Regelungen in den einzelnen Berufen konnten verteidigt werden. Bei neuen Regelungen wurden der Gesundheitsschutz und die Erholung so gut wie möglich berücksichtigt – mit klaren Regeln zu Nachtdiensten, Ruheschichten und arbeitsfreien Tagen. 

Nach zehnmonatigen schwierigen Verhandlungen liegen nun neue bereichsspezifische Arbeitszeitregelungen (BAR) für das Kundenbegleit-, Lok-, Rangier- und Reinigungspersonal der SBB vor. Zuletzt haben sich die Verbände (transfair, die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV, der Verband Schweizer Lokomotivführer VSLF und der Kaderverband des öffentlichen Verkehrs KVöV) mit der SBB am 10. November auch noch auf die neuen BAR für die Kundenbegleiterinnen und Kundenbegleiter geeinigt.  

Rückblick auf die Verhandlungen: Spardruck, Spardruck, Spardruck

Die Sparvorgaben des SBB-Konzerns hatten grossen Einfluss auf die Verhandlungen und verunmöglichten zum Teil Lösungen, die voll und ganz zufriedenstellend gewesen wären. 

Zu Beginn lehnte die SBB die meisten Forderungen der Verbände nach spürbaren Verbesserungen für das Personal rundweg ab und griff wichtige Errungenschaften des Personals in den BAR frontal an. Zum Beispiel wollte die SBB die Übergänge vor und nach arbeitsfreien Tagen in der Kundenbegleitung abschaffen und die ununterbrochene Arbeitszeit für Lokpersonal und Kundenbegleitung von 4,5 auf 5 Stunden ausdehnen. Zudem sollten die Ruheschicht auf das gesetzliche Minimum gesenkt, Einschränkungen bei Nacht- und Frühtouren gelockert und die Nebenarbeitszeiten (etwa für Administratives oder Vor- und Nachbereitung) reduziert werden. Die SBB stellte auch Maximalforderungen im Zusammenhang mit der neuen Einteilungsphilosophie, die sie einbrachte, verlangte zum Beispiel vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende der Dienste je einen flexiblen Anteil von 60 Minuten, dessen effektive Dauer erst zwei Tage im Voraus verbindlich kommuniziert werden sollte.  

Diese Angriffe auf die Arbeitsbedingungen haben die Verbände weitgehend abgewehrt und im gegebenen Umfeld das Bestmögliche herausgeholt. Insbesondere konnte die maximale Dauer der unbezahlten Pausen beibehalten werden, wie auch die ununterbrochene Arbeitszeit. Was die neue Einteilungsphilosophie betrifft, ist zu bedenken, dass die SBB diese auch mit den bestehenden Regelungen zumindest teilweise einseitig nach ihren Vorstellungen umsetzen könnte, während das vorliegende Verhandlungsergebnis dafür nun klare Leitplanken vorsieht. 

Einige unserer Forderungen werden auf einer anderen Stufe weiterverfolgt, da eine Lösung nicht nur im Interesse dieser 4 Berufskategorien ist. So zum Beispiel das Ermöglichen von Stilltouren, Arbeitszeitregelungen für temporäres Personal oder Teilzeitmodelle. 

Neue Einteilungsphilosophie

Die Einteilungsphilosophie ist grundsätzlich in allen vier BAR gleich, abgesehen von einzelnen berufsspezifischen Eigenheiten. Sofern die Verhandlungsergebnisse angenommen werden, würde die Einteilung zukünftig in folgenden drei Schritten passieren: 

  1.  Individuelle Jahreseinteilung 

Die Mitarbeitenden erhalten ihre persönliche Jahresdiensteinteilung spätestens am 15. November des Vorjahres. In dieser sind wie bisher die 115 arbeitsfreien Tage, die Ferien und sonstige bereits bekannte Abwesenheiten hinterlegt.  

An den Arbeitstagen sind Schichtlagen (Zeitfenster) mit einer Dauer von maximal 11 Stunden vorgesehen, die aber auch kürzer sein können. Die einzige Ausnahme soll es für das Kundenbegleitpersonal bei der Begleitung von Fussball-Fan-Transporten und im internationalen Personenverkehr geben. In diesen Schichtlagen sind Arbeitsleistungen vermerkt, die als provisorisch gelten und noch geändert werden können. Ausserhalb dieser Zeitfenster darf nichts geplant werden. Die Zeit ausserhalb gilt als garantierte Freizeit, über die der Arbeitgeber nicht verfügen kann. 

Eine Rotation wie bis anhin wird es so nicht mehr geben: Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter erhält eine individuelle Jahresdiensteinteilung, die er oder sie durch die Eingabe von Wünschen und Präferenzen im Voraus beeinflussen kann. Als Präferenz kann etwa definiert werden, dass maximal sechs Arbeitstage am Stück oder jeweils mindestens zwei arbeitsfreie Tage nacheinander eingeteilt werden. Diese Präferenzen werden garantiert. In der Kundenbegleitung können zwei zusammenhängende freie Tage nur gewährt werden, wenn auf die sogenannte Übergangsregel (spätestes Arbeitsende vor Ferien und arbeitsfreien Tagen um 20 Uhr, frühester Arbeitsbeginn danach um 5 Uhr) verzichtet wird. 

Die Jahreseinteilung wird am 15. November mit den Schichtlagen veröffentlicht und gilt bis zum Fahrplanwechsel im Dezember des darauffolgenden Jahres. Für die Zeit vom Fahrplanwechsel bis zum 1. Januar des übernächsten Jahres werden die Arbeitstage und die arbeitsfreien Tage kommuniziert. Das bedeutet zum Beispiel: Am 15. November 2027 ist bekannt, an welchen Tagen über Weihnachten 2028 bis und mit 1. Januar 2029 gearbeitet werden soll. Wie es heute bereits beim Lokpersonal der Fall ist, soll neu allen vier Berufskategorien auf Wunsch ein garantierter arbeitsfreier Tag zwischen dem 24. und 26. Dezember ermöglicht werden, sofern im Vorjahr an diesen drei Tagen gearbeitet wurde. 

Es wird eine ausgeglichene Verteilung der arbeitsfreien Tage über alle Monate mit einem Zielwert von mindestens neun Tagen pro Monat angestrebt. 

  1. Rollierende Wocheneinteilung

Die Schichtlagen werden durch geplante Arbeitsleistungen ersetzt. Dadurch sind der Dienstbeginn und das Dienstende präzise festgelegt und befinden sich innerhalb des Zeitfensters der Jahresdiensteinteilung. Es gibt jedoch noch einen flexiblen Teil («Flex-Anteil») entweder vor Dienstbeginn oder nach Dienstende von höchstens 60 Minuten. Dieser liegt zwingend innerhalb der Schichtlage. 

Die rollierende Wocheneinteilung ersetzt die aktuelle Monatseinteilung. Konkret wird jede Woche eine weitere Woche veröffentlicht, sodass die Touren zwischen 35 und 41 Tage im Voraus bekannt sind. Ab diesem Zeitpunkt kann die SBB nur noch über den Flex-Anteil verfügen. Andere Verschiebungen des Dienstbeginns oder des Dienstendes sind nicht mehr ohne weiteres möglich. 

  1. Tageseinteilung

Die Tageseinteilung beinhaltet die definitiven Leistungen. Der Flex-Anteil wurde entweder ganz oder teilweise mit Arbeitsleistungen verplant oder fällt weg. 

Die Tageseinteilung wird beim Lok-, Rangier- und Reinigungspersonal jeweils 72 Stunden im Voraus endgültig publiziert. Beim Kundenbegleitpersonal passiert das sieben Tage im Voraus, wobei eine Verschiebung des Dienstbeginns oder des Dienstschlusses von +/-10 Minuten bis drei Tage vorher noch möglich ist. 

Zu den Anpassungen in den einzelnen BAR

Nachfolgend sind die wichtigsten berufsspezifischen Verhandlungsergebnisse aufgeführt. Die vollständigen BAR-Texte werden den betroffenen Mitgliedern in den nächsten Monaten bekanntgegeben. 

BAR Cleaning- (P 131.4) und Rangierpersonal (P 131.5)

  • Die Möglichkeit, Pausen zwischen 23 Uhr und 5 Uhr einzuteilen, wird gestrichen. 
  • Ruheschichten unter 11 Stunden sind in der Regel mit den betroffenen Mitarbeitenden zu vereinbaren. 
  • Nach max. 5 Arbeitstagen mit Nachtarbeit zwischen 2 arbeitsfreien Tagen werden mind. 2 arbeitsfreie Tage eingeteilt. In Absprache mit dem betroffenen Mitarbeiter / der betroffenen Mitarbeiterin kann davon abgewichen werden. Mitarbeitende mit Dauernachtdienst sind davon ausgenommen. 
  • Die Haupt-Arbeitsunterbrechungen finden an definierten Pausenorten statt, für Neben-Arbeitsunterbrechungen soll ein Zugang zu nicht öffentlichen sanitären Einrichtungen vor-handen sein, ansonsten mindestens zu öffentlichen. Wenn es nur öffentliche Einrichtungen gibt, werden die Mitarbeitenden aktiv informiert.  
  • Die Einteilung eines einzelnen Ruhetages ist, wenn immer möglich, zu vermeiden. Ist das nicht möglich, darf ein einzeln gewährter Ruhetag nicht weniger als 36 Stunden betragen. Mit Einverständnis (Mitentscheid) des Mitarbeiters /der Mitarbeiterin kann der Wert auf 33 Stunden gesenkt werden. 
  • Für die Vorbereitung der periodischen Prüfung wird beim Rangierpersonal ein Tag und ab dem 58. Altersjahr ein zweiter Tag zur Verfügung gestellt. 
  • Für die Kleider-Massabnahme gilt die effektiv aufgewendete Zeit von Haustür zu Haustür. 

BAR Zugführung (P 131.3)

Das ändert sich:  

  • Ziffer 2.1: Die maximale Dauer einer Arbeitsschicht beträgt neu 10,5 Stunden statt 11 wie bisher. 
  • Ziffer 2.6: Neu dürfen «Nachttouren» nicht nach 4.30 Uhr enden, ein späteres Ende ist nur mit Zustimmung des betroffenen Personals möglich.  
  • Die Anzahl Touren, die zwischen 0.00 Uhr und 4.00 Uhr enden oder beginnen, bleibt bei maximal 4 am Stück. Mit Zustimmung der Mitarbeiterin / des Mitarbeiters dürfen es mehr sein, jedoch höchstens 7.  
  • Ziffer 2.7.2: Die Haupt-Arbeitsunterbrechungen finden an definierten Pausenorten statt, für Neben-Arbeitsunterbrechungen soll ein Zugang zu nicht öffentlichen sanitären Einrichtungen vorhanden sein, ansonsten mindestens zu öffentlichen. Falls es nur öffentliche Einrichtungen gibt, werden die Mitarbeitenden aktiv informiert. 
  • Ziffer 2.8.4: Eine Verkürzung der Ruheschicht bis auf 10 Stunden kann nicht mehr im Rahmen der betrieblichen Mitwirkung vorgenommen werden, sondern nur im Einzelfall mit Zustimmung des beteiligten Personals. 
  • In wenigen Ausnahmen kann die Ruheschicht neu bis auf 9 Stunden gekürzt werden –  sofern die darauffolgenden Schichten keine sicherheitsrelevanten Tätigkeiten beinhalten. Gekürzte Ruheschichten sind also vom Nacht- oder Spätdienst zum Bürodienst oder vom Bürodienst zum darauffolgenden Bürodienst möglich. 
  • Ziffer 2.8.5: Bei auswärtigen Ruheschichten gilt bei Fahrtouren die Wegzeit vom und zum Hotel als Arbeitszeit. 
  • Ziffer 2.12.1: Wenn der Termin beim Medical Service und/oder der Mitarbeitendendialog (ex-FEG) an einem arbeitsfreien Tag stattfindet, gilt in Zukunft immer der Weg ab dem Wohnort (von Haustür zu Haustür) als Arbeitszeit. 
  • Für die Vorbereitung der periodischen Prüfung gibt es einen zweiten Vorbereitungstag ab dem 58. Altersjahr.  
  • Ziffer 3.1: Die Nebenarbeiten werden nicht mehr als eine Pauschale von 10 Minuten zu Dienstbeginn berechnet. In Zukunft wird der Aufwand besser anerkannt, mit insgesamt täglich 20 Minuten. Jedoch werden nur noch 4 Minuten beim Dienstbeginn eingeteilt für die Aufgaben, die auch effektiv zu diesem Zeitpunkt anstehen. Die weiteren 16 Minuten sind en bloc als Leistung in der Tour gezeichnet, das kann z.B. auch während einer Dienstfahrt sein. Falls in einer Tour diese 16 Minuten nicht reinpassen oder aus einem betrieblichen Grund wegfallen, werden diese vor Dienstbeginn oder nach Dienstende angerechnet. 

BAR Kundenbegleitung (P 131.2)

  • Ziffer 7.4: Die Übergangsregelung vor/nach arbeitsfreien Tagen bleibt grundsätzlich unverändert. Die Mitarbeitenden können aber explizit wünschen,  dass davon abgewichen wird. 
  • Ziffer 4.2: Die Nachtregelung, die aktuell nur für das Nacht-Angebot der S-Bahn Zürich gilt, wird angepasst und auf das ganze Nachtangebot (inkl. Fernverkehr) erweitert: Maximal 6 Nacht-Touren sind innerhalb von 28 Tagen möglich, ab vollendetem 55. Altersjahr maximal 3. 
  • Ziffer 2.2: Statt der bisherigen pauschalen Nebenarbeitszeit von 18 Minuten pro Tour sind neu 17 Minuten in der Tour dafür vorgesehen, wovon 7 Minuten beim Dienstbeginn für die Aufgaben eingeteilt sind, die dann auch effektiv anstehen. Die weiteren 10 Minuten sind en bloc als Arbeitsleistung in der Tour gezeichnet, und zwar an einem definierten Pausenort. Falls diese 10 Minuten in einer Tour nicht reinpassen oder aus einem betrieblichen Grund wegfallen, werden diese vor Dienstbeginn oder nach Dienstende angerechnet. Aus dieser Zeit für Nebenarbeiten fällt die Überweisung von Reisenden weg. Neu wird dafür die effektiv aufgewendete Zeit gemeldet und verbucht.  
  • Leistungen für die Deutsche Bahn (DB): neu 10 Minuten als Pauschale pro Tour, ÖBB-Leistungen wie bisher 12 Minuten. 
  • Neu gibt es alle fünf Jahre jeweils vor den periodischen Prüfungen einen Tag für die Vor-bereitung. 
  • Ziffer 6.1: Eine Ruheschicht kann weniger als 11 Stunden dauern, aber nur, wenn das die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter so wünscht. Im Minimum muss die Ruheschicht 10 Stunden dauern. 
  • Eine Vereinbarung für die Sicherheit im Zug der Kundenbegleitung wird erstellt. Zudem werden die Verbände in die Erstellung eines Belastungsindexes einbezogen. 
  • Ziffer 7.2: Die Rotationsmodelle sind durch die Einteilungsphilosophie hinfällig. 
  • Bei der Begleitung von Fussballfan-Transporten wie auch bei gewissen Leistungen im Internationalen Personenverkehr, die nicht innerhalb einer Schichtlage von max. 11 Stunden geplant werden können, wird kein flexibler Anteil mehr möglich sein. 

Stimmen alle Gremien zu, treten die BAR wohl Ende 2027 in Kraft

Nun müssen die Verhandlungsergebnisse redigiert, übersetzt und von den zuständigen Gremien der Sozialpartner genehmigt werden. Wenn alle Sozialpartner die BAR gutheissen, können diese voraussichtlich auf den Fahrplanwechsel im Dezember 2027 in Kraft treten, gleichzeitig mit der Einführung von IVU.rail. Ob gewisse Regelungen bereits früher eingeführt werden können, ist noch offen. 

Falls einzelne Berufsgruppen bzw. die zuständigen Gremien die neu verhandelten BAR ablehnen, ist es denkbar, dass für sie die bisherigen BAR weitergelten. Allenfalls würde die SBB dann aber versuchen, die neue Einteilungsphilosophie dort einseitig einzuführen.