Rückblick auf die Herbstsession 2023

Rückblick auf die Herbstsession 2023

Eine turbulente Herbstsession geht zu Ende. Die problematische IWP-Studie macht dem Service Public weiter zu schaffen. Erfreulicherweise konnten zwei erneute Angriffe auf das Bundespersonal verhindert werden. Beim internationalen Bahnverkehr stimmt das Parlament einem einheitlichen Zulassungsverfahren via EU zu und die Revision des CO2-Gesetzes hat begonnen.

Olivia Stuber
Die Herbstsession um Bundeshaus ist beendet. Gewerkschaft transfair berichtet.

In Kürze

  • Die Arbeitsbedingungen des Service Public werden kontrolliert und die SBB, Swisscom und Post hinsichtlich ihres Grundauftrags überprüft.
  • Weiterhin keine Lohntransparenz im Service Public.
  • Zwei Angriffe auf das Bundespersonal konnten abgewehrt werden.
  • Harmonisiertes Zulassungsverfahren für Rollmaterial wurde angenommen.
  • Startschuss für die Revision des CO2-Gesetzes.

Nachwehen der IWP-Studie

Das Postulat Nantermod Öffentlicher und privater Arbeitsmarkt. Analyse der Bedingungen und Bekämpfung von unlauteren Praktiken des öffentlichen Sektors 23.3070 wurde vom Nationalrat angenommen und damit an den Bundesrat überwiesen. Dieser wird beauftragt, die Arbeitsbedingungen im öffentlichen, halböffentlichen und privaten Sektor für vergleichbare Stellen auf Bundes- und Kantonsebene miteinander zu vergleichen.

Das Postulat nimmt Bezug zur IWP-Studie der Uni Luzern, die transfair in der Vergangenheit bereits stark kritisierte. Der im Postulat formulierte Vorwurf, der Bund und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften betrieben unlauteren Wettbewerb aufgrund der zu gut bezahlten Angestellten, ist für transfair ein Hohn. Denn in der genannten Studie wurden komplett unterschiedliche Funktionen verglichen. transfair hätte stattdessen einen fairen Vergleich begrüsst. Da das Postulat jedoch eine voreingenommene Haltung vertritt, bedauert transfair dessen Annahme.

In eine ähnliche Richtung drückt das Postulat des gleichnamigen Verfassers Nantermod Zweckmässigkeit einer Privatisierung der öffentlichen Unternehmen prüfen 21.4100, das ebenfalls vom Nationalrat angenommen wurde. Der Bundesrat muss nun einen Bericht erarbeiten, der die Tätigkeiten der SBB, Post und Swisscom im Hinblick auf den gesetzlichen Grundauftrag prüft. Ebenfalls werden die Zweckmässigkeit der Privatisierung von Bereichen, die Anordnung eines Rückzugs aus bestimmten Tätigkeitsfeldern sowie die bestehenden Leistungsaufträge auf ihre Notwendigkeit examiniert. transfair bedauert den Entscheid des Nationalrats, der die Arbeitsbedingungen im Service Public gefährden könnte.

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Keine Lohntransparenz im Service Public

Es wird weiterhin keine verpflichtende Lohntransparenz im Service Public geben. Die Motion Marti Min Li Lohntransparenz bei Stelleninseraten. Vorbildfunktion des Bundes und der öffentlichen Betriebe 22.4443 wurde im Nationalrat abgelehnt und ist damit erledigt. Diese forderte beim Bund und bei bundesnahen Betrieben eine Angabe des zu erwartenden Lohns, bzw. der Lohnbandbreite bei Stelleninseraten sowie ein transparentes Lohnsystem. transfair hätte eine Annahme der Motion begrüsst, da Lohntransparenz insbesondere auch die Lohndiskriminierung vermindern kann.

Angriffe auf das Bundespersonal abgewehrt

Das Bundespersonal blieb auch diese Session nicht vor weiteren Angriffen auf seine Arbeitsbedingungen verschont. Zwei Motionen der Fraktion V wollten die Aufhebung des Kündigungsschutzes im Bundespersonalrecht 22.3962 und die Aufhebung des Bundespersonalgesetzes 22.3963. transfair freut sich, dass beide Motionen im Nationalrat abgelehnt wurden und damit vom Tisch sind. Die betonten extremen Unterschiede zwischen den Anstellungsbedingungen gemäss Obligationenrecht (OR) und Bundespersonalgesetz (BPG) sind nicht korrekt: Auch Bundesangestellten kann aus sachlichen Gründen gekündigt werden und auch in der Privatwirtschaft profitieren rund die Hälfte der Arbeitnehmenden von Arbeitsbedingungen, die über das OR-Minimum hinausgehen. transfair hat sich im Rahmen der Interessensgemeinschaft Bund (IGB) im Parlament gegen die Vorstösse eingesetzt.

Parlament für einheitliche Zulassungsverfahren für Rollmaterial

Das Geschäft des Bundesrats Eisenbahngesetz. Änderung (Umsetzung der technischen Säule des 4. EU-Eisenbahnpakets) 23.024 wurde in der Schlussabstimmung angenommen. Damit ist für die Zulassung von Rollmaterial im internationalen Bahnverkehr künftig die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) zuständig. Dieses harmonisierte Verfahren pflegte die Schweiz bereits, nun wird die Übergangslösung verlängert. Damit die Änderung definitiv gilt, müsste jedoch das Landverkehrsabkommen (LVA) mit der EU angepasst werden – entsprechende Verhandlungen sind seit dem Scheitern des Rahmenabkommens blockiert. Eine damit verbundene mögliche Liberalisierung des Internationalen Personenverkehrs in der Schweiz, würde transfair entschieden ablehnen.

Revision des CO2-Gesetzes hat begonnen

Der Ständerat hat sich erstmals mit der Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 22.061 beschäftigt. Damit sollen die Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030 gegenüber 1990 halbiert werden. Die Gesetzesrevision knüpft an das geltende CO2-Gesetz an und umfasst Massnahmen für die Zeit von 2025 bis 2030. Unter anderem soll der grenzüberschreitende Personenverkehr auf der Schiene, einschliesslich Nachtzüge, gefördert werden und es soll eine Anschubfinanzierung für die Umrüstung von Dieselbussen auf Elektrobusse geben. transfair unterstützt beide Massnahmen. Zusätzlich soll das Steuerprivileg für Dieselbusse per 2026 fallen. transfair findet dies zu früh, realistischerweise müsste die Massnahme noch bis mindestens 2030 weitergeführt werden. Nun kommt das Geschäft in die Kommission des Nationalrats.

Weitere relevante Geschäfte

Folgende Geschäfte sind für transfair relevant, jedoch noch nicht abschliessend behandelt worden: