Rückblick auf die Frühjahrssession 2024

Rückblick auf die Früh­jahrs­ses­si­on 2024

Die Frühjahrssession 2024 verlief für transfair durchzogen. Zur Freude des Verbands wurde die Motion seiner Präsidentin zum Vaterschaftsurlaubs beim Tod des ungeborenen Kindes mit einer Änderung angenommen. Die beiden Motionen zur Lohngleichheit hat der Nationalrat jedoch abgelehnt. Die Post wird beim Kauf externer Unternehmen eingeschränkt. Beim Bahnausbau zeigt sich das Parlament erfreulicherweise grosszügig.

Olivia Stuber

Vaterschaftsurlaub beim Tod des ungeborenen Kindes

Der Ständerat hat die Motion von transfair Präsidentin und Nationalrätin Greta Gysin «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes» 21.3734 mit Änderung angenommen. Damit sagt auch der Ständerat Ja zur Gewährung eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs, auch wenn das Kind tot geboren wird oder bei der Geburt stirbt. Die kleine Kammer präzisiert, dass der Urlaub auch dann gewährt werden soll, wenn das Kind innert 14 Tagen nach seiner Geburt stirbt, der Urlaub am Stück bezogen und in vollem Umfang ab dem Zeitpunkt der Totgeburt oder des Todes gewährt werden soll. Um diese Details zu klären, geht der Vorstoss zurück in die Kommission des Nationalrats.

Zum Bedauern von transfair hat der Nationalrat im Gegenzug die Motionen 22.4157 und 22.4159 von Greta Gysin für mehr Lohngleichheit versenkt. Beide wollten das Gleichstellungsgesetz diesbezüglich verschärfen, beispielsweise durch eine Nulltoleranz bei Lohndiskriminierung sowie verstärkte Kontrollen und Analysepflichten. Die Entscheide sind im Kampf gegen die anhaltende Lohndiskriminierung in der Schweiz für transfair sehr enttäuschend und werden der Problematik der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern nicht gerecht. transfair wird nicht aufgeben und sich weiter mit aller Kraft für das Thema einsetzen.

Post kommt bei Akquisitionen an kürzere Leine

Mit der definitiven Annahme der Motion «Akquisitionen innerhalb des Leistungsauftrags halten» 21.4595 müssen Unternehmenskäufe ausserhalb des Leistungsauftrags der Post neu dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt und zuhanden der verantwortlichen Parlamentskommission begründet werden. Damit greift das Parlament in das operative Geschäft der Post ein. transfair betrachtet den Entscheid kritisch: Das rückläufige Kerngeschäft muss zunehmend durch andere Geschäftsbereiche kompensiert werden. Eine Einschränkung des operativen Handlungsspielraums kann für die finanzielle Stabilität der Post potenziell gefährlich werden.

Dafür zeigt sich transfair erfreut, dass der Nationalrat die Motion der FDP-Fraktion« Fortführung der Modernisierung der Post» 21.3739 abgelehnt hat. Damit ist diese schädliche Motion vom Tisch. Diese wollte nämlich das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit der Post in ihrer Strategie für die Jahre 2025-2028 verankern. Damit wäre der finanzielle Druck auf die Post weiter angestiegen und hätte die laufenden GAV- und Lohnverhandlungen zusätzlich erschwert.

Mehr Geld für den Bahnausbau und das internationale Bahnangebot

Es besteht Einigung zwischen den Räten: die Gelder für den Bahnausbau werden aufgestockt. Der Nationalrat hat sich bei der Beratung der Änderungen bei den Ausbauprogrammen der Bahninfrastruktur und der neuen Langfriststrategie «Perspektive Bahn 2050» 23.055 dem Ständerat angeschlossen. Insgesamt stockt das Parlament die Kredite um 350 Millionen Franken auf. Damit sollen unter anderem ein Eisenbahntunnel zwischen Lausanne und Genf sowie durchgehend zwei Spuren im Lötschberg-Basistunnel (aus-)gebaut werden. transfair freut sich über diesen Entscheid zugunsten der Schweizer Bahninfrastruktur.

Voran ging es auch in der Revision des CO2-Gesetzes 22.061. National- und Ständerat haben das Geschäft in der Schlussabstimmung angenommen. Für Ortsbusse fällt damit ab 2026 die Rückerstattung der Mineralölsteuer; auf dem Land ab 2030. Dies ist später als ursprünglich angedacht, was von transfair begrüsst wird. Ausserdem wird das internationale Bahnangebot, insbesondere Nachtzüge, finanziell gefördert. Für transfair ein erfreulicher Entscheid.

Das Monster-Zollgesetz nimmt erste Hürde

Der Nationalrat hat das Postulat der nationalrätlichen Finanzkommission « Ressourcenüberprüfung beim Fedpol» 23.4349 angenommen. Damit werden die Ressourcen des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) einer externen Prüfung unterzogen. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Personalbestand und der Prüfung, ob er für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags ausreicht. transfair steht Ressourcenüberprüfungen generell skeptisch gegenüber, da diese meist Sparmassnahmen zur Folge haben. In diesem Fall soll die Prüfung aber allenfalls zu mehr oder verbesserten Personalressourcen führen, was von transfair begrüsst wird.

Der Nationalrat hat die Totalrevision des Zollgesetzes 22.058 nach langwieriger Debatte angenommen. Ziel der Vorlage ist, Verfahren und Tarife zu vereinfach und die Digitalisierung im Zollwesen umzusetzen. Das Gesetz bildet den Rahmen für die Organisation des Zolls. Auch wenn die Vorlage nun die erste Hürde genommen hat, bleiben nach der Beratung noch einige Widersprüche zu klären. Ein Beispiel ist die Abschaffung der Industriezölle. Was also angeblich der Wirtschaft schadete wurde abgeschafft und im gleichen Zug werden für die Konsumenten weitere Hürden eingeführt. Das Geschäft kommt nun in die Kommission des Ständerats. transfair hofft, dass die entstandenen Widersprüche dort behoben werden.

Weitere relevante Geschäfte

  • Beide Räte haben der Standesinitiative «Für eine rasche Assoziierung der Schweiz an das Programm Horizon Europe» 320 keine Folge gegeben. Sie ist somit  vom Tisch.
  • Der Ständerat ist auf das «Movetiagesetz» 072 nicht eingetreten. Dieses geht nun in die Kommission des Nationalrats.
  • Der Nationalrat hat die Motion «Die Post für den Leistungsauftrag trimmen» 22.3226 angenommen. Als nächstes ist die Kommission des Ständerats dran.